Invasive Diagnostik

Trotz aller technischen Möglichkeiten können Chromosomenstörungen des Kindes nicht mit Ultraschall alleine sicher ausgeschlossen werden.

Daher besteht gerade für Fälle mit einem erhöhten Risiko solcher Störungen (z.B. nach auffälliger Ersttrimesteruntersuchung, nach einer Schwangerschaft mit Chromosomenstörung oder bei festgestellten Fehlbildungen) die Möglichkeit der Untersuchung fetaler oder plazentarer Zellen. Je nach Schwangerschaftsalter und Fragestellung wird dann eine der folgenden Untersuchungen durchgeführt: die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese (Fruchtwasserentnahme) oder die Cordozentese (Nabelschnurpunktion).

Allen Untersuchungen gemeinsam ist die Tatsache, dass sie mit einem Eingriffsrisiko verbunden sind. Diese Risiken sind zwar besonders bei entsprechender Erfahrung des Durchführenden sehr gering, müssen aber mit dem Wunsch nach invasiver Diagnostik in einem vernünftigen Verhältnis stehen.

Mögliche Komplikationen sind ein vorzeitiger Blasensprung, eine Entzündung der Fruchthöhle durch eingebrachte Keime oder Blutungen. Solche Komplikationen sind zwar selten, enden jedoch, wenn sie eintreten, häufig mit einer Fehlgeburt. Zur Risikominderung empfehlen wir Ihnen, sich an den zwei Tagen nach der Punktion körperlich zu schonen (kein Sport, kein schweres Arbeiten oder Heben, kein Geschlechtsverkehr). Sie erhalten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Zeitraum.

In sehr seltenen Einzelfällen kann es auch dazu kommen, dass die notwendige Anzüchtung der gewonnenen Zellen im Labor nicht gelingt und keine auswertbaren Ergebnisse erlangt werden. In solchen Situationen muss dann eine Wiederholung des Eingriffs stattfinden.

Amniozentese

Üblicherweise wird die Fruchtwasserentnahme zwischen der 15. und 19. Schwangerschaftswoche durchgeführt, um Störungen der Chromosomen zu erkennen. Hierzu wird durch eine Punktion unter Ultraschallkontrolle eine bestimmte Menge an Fruchtwasser aus der Gebärmutterhöhle entnommen und die im Fruchtwasser schwimmenden kindlichen Zellen (von Haut und Harntrakt) sowohl molekular-genetisch als auch kulturell untersucht, ein erstes Ergebnis liegt nach etwa 24 Stunden, das komplette Ergebnis nach etwa 10 Tagen vor.

Bei der Chromosomenanalyse wird zum einen auf zahlenmäßige Chromosomenstörungen (die bekannteste ist hierbei das Down-Syndrom = Trisomie 21) geachtet, sowie auf im Lichtmikroskop erkennbare Veränderungen der Chromosomenstruktur. Feinere strukturelle Fehler sind dagegen in der Regel nicht zu erkennen und werden nur bei Verdacht mit speziellen Markern untersucht. Weiterhin wird im Fruchtwasser die Konzentration des Alpha-Feto-Proteins (AFP) gemessen, wodurch Hinweise auf das Vorliegen von Spaltbildungen im Bereich der Wirbelsäule (Spina bifida = "offener Rücken") oder der Bauchwand gewonnen werden können.

Im Falle von mütterlichen Infektionserkrankungen kann aus dem Fruchtwasser Aufschluss über eine kindliche Infektion gewonnen werden.

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Chorionzottenbiopsie (CVS)

Die Chorionzottenbiopsie (Gewinnung von Gewebeanteilen aus dem Mutterkuchen) ist die früheste Möglichkeit der invasiven Diagnostik. Sie wird normalerweise zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Zu dieser Zeit ist eine Fruchtwasseruntersuchung in aller Regel noch nicht möglich. Daher wird die CVS immer dann empfohlen, wenn eine frühe oder schnelle Diagnostik erfolgen soll, zum Beispiel bei:

  • auffälligem Ultraschallbefund im ersten Drittel der Schwangerschaft
  • bekannten familiären Erkrankungen, die mit der invasiven Diagnostik erkannt werden können
  • dem Wunsch der Mutter nach einer frühestmöglichen Diagnostik, z. B. bei Altersindikation
  • Risikoerhöhung im Ersttrimester-Test

Die Chromosomen können direkt untersucht werden, sodass ein erster Befund bereits nach 1–2 Tagen vorliegt (Kurzzeitbefund). Dieser Befund ist in den meisten Fällen bereits aussagekräftig. Feine Strukturanomalien oder sog. Mosaike (gleichzeitiges Vorhandensein von gesunden und kranken Zellen in einem Organismus) können jedoch noch nicht sicher erkannt oder ausgeschlossen werden. Hierzu dient die nach ca. einer Woche vorliegende Langzeitkultur, die dann die größtmögliche Aussagekraft bietet.